Tutanchamun

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Siano
Administrator

74, Männlich

Beiträge: 291

Tutanchamun

von Siano am 27.09.2011 16:47

Nähe Tal der Könige, El Gurna, das Horn.....

Es war an die 40 Grad, ein Witzbold der jetzt fragen würde: "Minus
oder Plus", da kam uns das
kleine Hotel, bezeichne es mal so, gerade
richtig. Unter den angrenzenden Palmen gelegen
war eine "Bar"
angebaut, mehr eine Bretterbude, aber sonst ein recht schattiger Platz.
Im Hof
stand ein Poolbillard, irgendwie deplatziert. Aber der Pool sollte
noch eine Schlüsselrolle in der
weiteren Geschichte spielen. Unser
Dolmetscher Achmed, ich glaube alle Ägypter heißen mit
zweitem
oder dritten Namen Achmed, bestellte sich ein Bier. "Allah ist weit".
Nun mag sein, er
kannte sich ja dort in der Gegend besser aus wie wir.
Wir stillten unseren Durst, je nach Ge
schmack, mit Kaffee, Cola oder
Mineralwasser....


Standarten_Drago_014klein.jpg 

Einige Zeit später fuhren zwei Autos in den Hof, so etwas wie Marke
Jeep, sechs Ägypter
sprangen aus den Fahrzeugen, teils in Uniform
und teils in Zivilkleidung. Der Mann mit der
gepflegtesten Uniform
und den höchsten Rangabzeichen hatte das "Sagen". Dies spiegelte
sich auch in seinem Auftreten wieder. Während der Offizier
geradewegs zum Poolbillard ging,
verteilten sich seine Männer im
und um den Innenhof der "Getränkeoase".


Der Besitzer der Bar kam dienstbeflissen aus seiner Bretterbude
gerannt und brachte ein Getränk,
das er dem Chef der Truppe,
unterwürfig, anbot. Lässig und mit wenig Bewegung nahm der

Offizier das Getränk, kurz nickend, an. Bis dahin fiel noch kein
Satz, kein Wort....
Der Wirt flüsterte uns zu: "Das ist der
Polizeichef..... er hat hier das sagen..."


Der Chef begann eine Runde Poolbillard zu spielen... allein....

Nachdem ich eine Weile zugeschaut hatte, stand ich auf und
stellte mich zu ihm an den Pool.
Leicht irritiert schaute er mich
an, blickte zu meiner Frau und unserem Dolmetscher rüber

und bot mir lächelnd ein Spiel an. Ich nahm genauso locker
wie er war, das Angebot an.
Da seine Männer immer noch nichts
zu trinken hatten, lud ich die Fünf, kurzerhand, zu einer
Cola ein.
Diese blickten zu ihrem Vorgesetzten, der wiederum nickte und die
Begleitungen des
Chefs nahmen dankbar die kühlen Getränke an.

Das Eis, soweit es überhaupt vorhanden war, war gebrochen,
nachdem auch der Chef eine Cola
von mir annahm. Wir spielten
zwei, drei Runden, als bei einem seiner Männer ein Telefon klingelte.

Ein kurzer Ruf und der Beamte sprang mit seinen Männern wieder auf
die Fahrzeuge. In einer
Staubwolke rasten die Geländewagen davon.

Da ich mich wunderte, dass der Polizeichef sein Getränk nicht
bezahlte, erkärte uns der Wirt auf
Nachfrage: "Der Polizeichef braucht
hier nie zu bezahlen. Es würde sich aber auszahlen, sich mit
diesem
Mann "Gut" zustellen".


Einige Tage später, in der westlichen Wüste, wollten wir unbedingt
noch ein Grabungsfeld, bzw.
einen erst vor kurzem entdeckten
Tempel, besuchen. Man warnte uns davor, da kämen wir nicht

hin. Dies sei militärisches Sperrgebiet. Da wir uns aber von solchen
Aussagen nicht so leicht be
eindrucken lassen, fuhren wir in das uns
angegebene Gebiet.


Nach einigen Meilen war der Wüstenweg gesperrt: Bewaffnete
Soldaten, Fahrzeuge, Wachhaus
und Sperren hinderten uns an der
Weiterfahrt. Unser Dolmetscher Achmed versuchte die Soldaten

davon zu überzeugen, dass wir unbedingt an diese Grabungstelle
müßten, um jeden Preis....


Nichts zu machen, die Bewacher blieben stur. Plötzlich wurde die Tür
des Wachhauses geöffnet
und ich hatte den Pool vor Augen...
Vor uns stand unser Offizier, mein Poolpartner, von vor
wenigen
Tagen.


Respektvoll nehmen seine Männer Haltung an. Wir begrüßten uns
wie alte Freunde, schilderten
unser Anliegen und baten auch ihn,
uns in das Sperrgebiet zu lassen. Wir konnten ihn überzeugen

und er sagte einfach: "Ja". Da wir noch einige Meilen durch die
Wüste fahren mußten, gab uns
der Chef einen seiner Männer zur
Begleitung mit. Der Begleiter würde bis zur Grabungsstelle mit-

kommen und dann wieder zum Posten zurück fahren. Eine Handvoll
Kugelschreiber wechselten
den Besitzer, ein herzliches Händeschütteln,
dann konnten wir endlich weiter fahren.


Tut2_12.jpg

Das Areal der Tempelanlage


Am Zielort angekommen sahen wir schon die Mauern und Überreste
des Tempels, des Toten
tempels von Tutanchamun. Die Wächter vor
Ort freuten sich wie die Kinder, endlich eine Ab
wechslung in ihrem
Alltagsleben. Dazu wäre zu sagen, die Wächter des inneren Ringes
bewachen
den Ausgrabungsort immer einen kompletten Monat lang,
rund um die Uhr. Dann erst werden
die Männer ausgewechselt. In
hohen Bambusbetten schlafen die Bewacher im Freien. Reine Hand-
arbeit...siehe Bild unten.

Tut2_4.jpg

Hohe Betten
deshalb, weil sich im dortigen Bereich Skorpione und
Schlangen befinden. Diese Lebewesen fühlen
sich in den Tempel-
überresten einfach zu Hause.



Standarten_Drago_018klein.jpg

Seelenvogel "Ba"

 
Standarten_Drago_020klein.jpg  

Nachdem wir heißen Tee getrunken hatten, wurden meine Frau und
ich über das Grabungsfeld geführt.


Tut2_3.jpg

Foto: Teepause


Mit der Hand wurde hier und dort ein wenig Sand fortgeschaufelt,
sodass die Exponate sichtbar wurden,
Statuen und Teile davon,
Mauerreste, Fragmente von Säulen und immer wieder Mauerteile
mit Putz
versehen:

Tut2_10.jpg

Sami hatte den Bogen raus. Fast sanft gleiten seine Hände über
den Wüstenboden und brachten die Hinterlassenschaft der Jahr-
tausende zu Tage.



Tut2_9.jpg

Mit viel Gefühl legte er die Exponate frei.


Tut2_7.jpg

Dieser Putz trug an vielen Stellen noch die Bemalung, pastelfarbene
Bemalung, in grün, rot und
in blau.


Standarten_Drago_012klein.jpg

Wie großartig muss dieser Tempel  einst in voller Pracht gewesen
sein? Wieder eine andere Farb
variante in rot, schwarz und gelb.
Zerbrochene Gefäße und Scherben in jeder erdenklichen Form.



Standarten_Drago_001abklein.jpg


Tut2_8.jpg

Bruchstücke der einstigen Anlage.


Tut2_17.jpg


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Grabbeigaben, rechte Seite, Ibis, etc. Mumienbeigaben, wurden
mit in die Mumien eingewickelt.


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Fragmente von Schalen und Krügen. Noch mit Originalfarben.


Standarten_Drago_008klein.jpg

Grabbeigaben noch mit Inhalt versehen.


Standarten_Drago_009klein.jpg

Fotos: Siano

Wir erreichten eine andere Stelle der Tempelanlage, wieder eine
Handbewegung im Wüstensand:
Mumien, Mumienreste, sowie
vollerhaltene "Körper".

Tut2_11.jpg

Eine Mauer wird freigelegt...


Tut2_5.jpg

Langsam kommen die Bemalungen zu Tage.


Tut2_6.jpg

Es war einfach unbeschreiblich spannend, diese
Dinge dort liegen
zu sehen. Leider wird die Welt noch lange auf weitere Ausgrabungen
warten müßen.

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Ein ausgeplündertes Grab. Die Beigaben fehlen...

 
Tut3_1.jpg

Diese Körperteile wurden in "Sicherheit" gebracht.


Tut1.jpg

Zu diesem Kopf fehlt noch der passende Körper.


Es scheitert einfach an den finanziellen Gegebenheiten.
Sand ist zudem der billigste Konservierungsstoff,
den Ägypten zur
Verfügung hat.


Noch eine weitere Ausgrabungsstelle:

Tut2_13.jpg


Farbenfrohe Bemalungen blieben über Jahrtausende im Wüstensand konserviert.


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Tut2_14.jpg

Teil einer Mauer


Tut2_1.jpg

Diese Bemalung ist mit dem Putz abgefallen. Es könnte schon
eine Kunstrichtung der Moderne sein.


Die Zeit drängte und wir mußten wieder zurück nach Theben, dem
heutigen Luxor. Es folgte die Übergabe
der Präsente in Form von
Kugelschreibern, Feuerzeuge und einigen ägyptischen Geldscheinen
als kleines
Dankeschön für die Wächter. Wir wurden mehr wie
herzlich verabschiedet. Und wir mußten versprechen
wieder
zukommen.



Tut2_15.jpg

Ein obligatorisches Abschiedsfoto mit einem der Aufseher der Anlage.
Nette Menschen auch ohne "Bakschisch" zu geben.
Kugelschreiber sind das zweite Zahlungsmittel in Ägypten und für
den Beschenkten ein Statussymbol wenn auf dem Schreiber ein
deutscher Text, Firmenname oder ein bekanntes Logo zu sehen ist.
Die Kugelschreiber haben uns schon so manche Pforte geöffnet, die
anderen Touristen verschlossen blieben.


Beide stehen in einer Lagerstätte von Millionen von Tonscherben.
Hier wurden vor langer Zeit die in einem großen Umfeld gefundenen
Artefakte gelagert. Es ist eine so große Anzahl von Stücken, so dass
diese dort noch in tausend Jahren liegen werden.

 

 



N.S. Man geht davon aus, dass über siebzig Prozent der ägyptischen
Schätze noch unter Sand verborgen
liegen. Vieles wurde ausgegraben,
fotografiert, katalogisiert und wieder zugeschüttet. Wie gesagt, Sand

ist billig und im Überfluss vorhanden.

Viele Grüße - Siano

Antworten Zuletzt bearbeitet am 21.11.2014 23:10.

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